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Gottes Farbenspiel

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Trinitatis: Die Rede von der Dreieinigkeit bleibt ein Tasten und Suchen

Gott ist golden. Golden wie die Sonne am Himmel. Golden wie die Ähren im Wind. Golden wie der Ehering an meiner Hand. Golden wie Kerzenflammen auf dem Altar.

Jesus ist braun. Braun wie die Erde Galiläas. Braun wie seine Gewänder. Die waren wohl nicht so weiß wie auf den schönen Jesusbildern. Das Leinen, das Maria webte, war bräunlich. Das Holz des Kreuzes war auch braun. Und braun war auch der Stein vor dem Grab.

Der Heilige Geist ist rot. Rot wie die Liebe. Rot wie Blut. Rot wie ein guter Bordeaux. Rot wie die Behänge am Altar bei der Konfirmation. Und natürlich zu Pfingsten.

»Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.« Meine ersten Worte im Gottesdienst. Meine Worte bei der Taufe. Ich sage sie und weiß doch nicht wirklich, was ich da tue. »Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.« Ich sage den Namen. Und ich spüre das Geheimnis. Was ich da sage, ist größer als ich. Ich habe es nicht in der Hand. Wie das Wasser bei der Taufe. Ich tauche die Hand in die Schale. Ich spüre wie frisch und lebendig es ist. Und doch »habe« ich es nicht. Es gleitet mir über die Hand, rinnt durch die Finger, benetzt den Kopf des Kindes. Ganz nah ist es, und dann fließt es davon und nimmt das Geheimnis mit.

Vater, Sohn und Heiliger Geist: So spricht das Neue Testament von Gott.Es spricht vom Vater, der das Leben gibt. Vom Sohn, der für die Menschen da ist vom Anfang bis zum Ende. Er stirbt unsern Tod. Und weil er auferstanden ist, haben wir das ewige Leben. Es spricht vom Heiligen Geist. Durch ihn sind alle Glaubenden mit Gott und miteinander verbunden.

Foto: epic – Fotolia

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Das Neue Testament liefert allerdings keine »Lehre« von der Dreieinigkeit Gottes. Das haben dann die Konzilien der ersten sechs Jahrhunderte versucht. Auf höchstem geistigen Niveau haben sie beraten und diskutiert, sie haben gefragt, wie Vater, Sohn und Geist zueinanderstehen. Das Ergebnis sind die altkirchlichen Glaubensbekenntnisse, die bis heute gelten (siehe Kasten).

Aber es bleibt ein Tasten. Ein Suchen. Vorsichtiges Fragen. Ein behutsamer Blick auf Gott. Er bleibt ein Geheimnis. Trotz aller klugen Gedanken. Und wenn wir »Gott denken« oder einfach sagen: »Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes«, dann entstehen diese Bilder. Von einem Gott, der ist, wie Vater und Mutter. Oder von Sturmesbrausen und Feuerzungen am Pfingsttag. Oder eben von Gottes Farbenspiel.

Gott ist golden, Jesus ist braun, Gottes Geistkraft ist rot wie Feuer und Liebe. Das ist natürlich eigentlich Unsinn. Gott ist nicht golden, Jesus ist nicht braun und der Heilige Geist ist nicht rot.

Goethe hat seine Farbenlehre für sein wichtigstes Werk gehalten. Heute wissen wir, dass sie wissenschaftlich kompletter Unsinn ist. Aber sie hat wunderbare Gedanken und eine tiefe Sprache. Und wir lesen sie noch heute mit Gewinn. Weil sie nach Geheimnissen tastet.
»Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild« (1. Korinther13, Vers 12). Man kann viel von Gottes Wundern erkennen. Auch durch kluges theologisches Fragen und Denken. Aber am Ende ist Gottes Geheimnis immer noch um eines größer.

Und so taste ich, fühle und schaue, wer das sei. Die Heilige Dreifaltigkeit. Und wenn ich sonntags vor der Gemeinde stehe, sie anschaue und dann Gottes Namen sage, dann werde ich das Gefühl nicht los: Gott ist golden wie die Sonne. Jesus braun wie die Erde. Und der Heilige Geist rot wie die Liebe.

Und alles fängt an, sich zu mischen. Auf Jesu braunem Gewand glitzert Goldstaub. Und wenn die Abendsonne strahlt, dann legt sich ein rotes Leuchten über alles. Ich kann es nicht mehr unterscheiden. Vater, Sohn und Heiliger Geist. Dreieinigkeit.

Und einmal sehen wir nicht mehr »durch einen Spiegel ein dunkles Bild«, sondern »von Angesicht zu Angesicht«. Wenn der neue Himmel und die neue Erde kommen, dann ist auch das Geheimnis Gottes gelüftet. Und wir sehen seine Farben. Farben, die es noch nicht gibt und deren Namen wir erst noch erfinden müssen.

Dahin gehen wir. Und bis dahin beten wir. Unsere Glaubensbekenntnisse … »Wir glauben an den einen Gott, den Vater … Und an den einen Herrn Jesus Christus … Gott von Gott, Licht vom Licht«. Und »an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht«.

Und wenn wir das beten, dann fangen Gottes Geheimnisse an zu schimmern. Schon jetzt. Vor unseren Augen und im Herz. Mit nie gekannten Farben.

Michael Greßler
Der Autor ist Pfarrer in Camburg


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